Für dein Wohl kämpfen

Noch immer hielt ich Blairs Hand, als wir bei der Kampfarena ankamen und sah mich kurz um. Es war nicht viel los, obwohl ich damit nicht gerechnet habe, aber es freute mich. Ich brauchte die Gesellschaft anderer nicht wirklich und ich fühlte mich nicht so beobachtet. So konnte ich mich besser auf das Training konzentrieren. Ich warf Blair einen kurzen Blick zu und lief dann zur Mitte der großen Fläche. Wieder sah ich sie an und blickte ihr in die Augen. "Also ... du greifst mich einfach an und wendest die Techniken an, von denen du glaubst, dass sie richtig sind. Wenn du was falsch machst, werde ich es dir erklären ..", sagte ich leise und lächelte, strich über ihre Wange. "Du kannst auch jederzeit sagen, wenn du eine Pause brauchst oder etwas nicht stimmt. Ich werde sofort aufhören ..", meinte ich mit einem Lächeln zu ihr, nickte ihr ermutigend zu. Dann ließ ich ihre Hand los, trat einige Schritte von ihr weg und machte mich bereit, spannte die Muskeln an und wartete auf ihren Angriff. Ich war schon gespannt darauf,
was sie machen würde, vielleicht wusste sie ja bereits, wie man richtig angriff, wusste es aber selbst noch nicht. Auf jeden Fall würde ich ihr aber alles beibringen, das sie nicht wusste, das schwörte ich mir.

Meine Augen fixierten Blair und ich blendete alles andere aus. Normalerweise war ich ja eher der Typ, der im Verborgenen agierte und meine Gegner eher durch heimtückische Taten ausschaltete, aber die letzten Ereignisse haben mich dazu gezwungen, aktiv zu kämpfen. Und da wir in Zukunft wohl nun öfters mit solchen Angriffen rechnen mussten, musste ich meine Gewohnheiten etwas ändern .. und Blair ebenfalls vorbereiten. Ich sah, wie sie losrannte und kniff die Augen zusammen. Schnell war sie, nur wusste sie, wie sie ihre Geschwindigkeit richtig einsetzen musste? Meine Miene war konzentriert und starr, während ich sie nicht aus den Augen ließ und ich erwartete, dass sie gleich zur Seite stürzte, um mich zu verwirren, aber sie stürzte sich frontal auf mich. Nun, das war ein Anfängerfehler. Ich packte sie bei den Schultern, wirbelte sie herum und schloss dann meine Hand leicht um ihren Hals und deutete damit an, dass ich ihr den Kopf jetzt abreißen würde, wenn ich ihr Feind wäre. "Tot", sagte ich und ließ sie dann los, trat einen Schritt von ihr zurück. "Es mag vielleicht richtig erscheinen, sich frontal auf mich zu stürzen, aber ein Werwolf ist flink - er weicht der locker aus oder macht dasselbe wie ich. Du bist schnell, Blair, es ist besser, wenn du deine Geschwindigkeit nutzt und beispielsweise ein Manöver vortäuschst. Du schlägst zum Beispiel blitzschnell nach links aus, greifst dann aber rechts an. Du dürftest das gut hinbekommen .. ohne, dass dein Gegner hinterher kommt", riet ich ihr mit einem Lächeln, klatschte dann in die Hände und deutete kurz auf mich, damit sie mich noch einmal angriff.

Ich sah Blair abwartend an und bereitete mich innerlich wieder auf ihren Angriff vor. Ich ließ sie nicht aus den Augen und war wieder hochkonzentriert bei der Sache.Ich weiß, dass das hier nur ein Training war, aber ich wollte alles richtig machen. Schließlich würde Blair von meinen Aktionen lernen und wenn ich sie ihr falsch beibrachte war es eigentlich genauso schlimm, als wenn ich ihr gar nichts beibringen würde.
Hoffentlich hat sie sich meinen Ratschlag zu Herzen genommen und würde jetzt beim nächsten Versuch versuchen, mit ihrer Schnelligkeit zu arbeiten. Ein flinker Kämpfer kann selbst den schwersten Muskelprotz von den Füßen hauen und ihm dann den Garaus machen. Als sich auf ihrem Gesicht die Andeutung eines Lächelns zeigte, musste ich eines unterdrücken. Anscheinend war sie sich ihrer Sache dieses Mal sicher. Als sie losstürzte, behielt ich sie im Auge und erwartete, dass sie das Manöver genauso ausführen würde, wie ich es ihr gesagt habe ... ich dürfte es also wieder abwehren können. Sie schlug nach rechts aus und ich ging sofort davon aus, dass sie links angreifen würde. Wie erwartet, schlug sie jetzt nach links aus, doch dann griff mich doch rechts an. Damit hatte ich nicht gerechnet und ich stieß einen gespielten Schmerzensschrei aus, als sie mich berührte. Mit einem Grinsen blickte ich sie an. "Nicht schlecht ... ein weitere Lektion: Verrate niemals deinem Gegner, was er tun soll",
sagte ich mit einem leichten Lachen und sah sie an. "Jetzt kommen wir zu Nahkampf. Der Werwolf steht schon direkt vor dir ... was tust du? Denk daran: Du bist schneller als er." Abwartend blickte ich sie an und Stolz durchflutete mich. Stolz auf Blair. Sie ist wendig und nicht zu unterschätzen.

Wieder konzentrierte ich mich nur auf Blair und sah ihr in die Augen ,ehe ich mich wieder auf ihren ganzen Körper konzentrierte. Was sie wohl machen würde? Doch ich versuchte meinen Kopf wieder frei zu bekommen, damit ich besser und schneller auf ihre Angriffe reagieren konnte. Und dann griff sie auch schon an, zumindest glaubte ich es. Zuerst sah es danach aus, dass sie rechts zuschlagen würde, doch sie tat es doch nicht und etwas abgelenkt bemerkte ich zuerst noch nicht, dass sie sich einmal um ihre eigene Achse drehte, doch ich fasste mich noch genau rechtzeitig, um zu sehen, wie ihr Fuß auf meinen Bauch zielte. Meine Instinkte schaltete sich ein und mit einem leichten Knurren wich ich aus, packte sie etwas grober als beabsichtigt an den Schulter und stieß sie - ebenfalls unbeabsichtigt - hart von mir weg, sodass sie wahrscheinlich auf dem Boden landete, wenn sie sich nicht rechtzeitig hielt. Und erst jetzt realisierte ich, was ich da gerade getan habe. Meine Miene zeigte nun Entsetzten und ich stürzte sofort zu Blair hin. "Oh Gott, Blair, hab ich dir weh getan?", fragte ich immer noch voller Entsetzten und sah sie mit prüfenden Augen. Scheiße nochmal, genau das wollte ich doch vermeiden! Ich hatte sie vielleicht verletzt ... schlimmer ging es nicht. Ich war wohl das erste Wesen in der Geschichte, das seine Braut verletzte. Mit unsicherem, finsterem Gesichtsausdruck zog ich mich zurück. "Das hätte nicht passieren dürfen. Niemand verletzt seine Braut ... ich .. ich ..", brachte ich raus, drehte mich um raufte mir die Haare. Nein, ich konnte sie nicht ansehen, sie musste Angst vor mir haben. War ich in meinem Inneren doch ein Monster? Ich erzitterte und schüttelte ständig den Kopf. Das einzige woran ich denken konnte war, dass ich nicht aufgepasst habe. Scheiße .. scheiße, scheiße! "Warum ... warum .. ich bin der letzte Versager und der Letzte, der dein Gefährte sein sollte ...", flüsterte ich eher zu mir selbst und biss die Zähne zusammen. Mein ganzer Körper zitterte vor Anspannung. Wolte sie jetzt noch überhaupt trainieren, ja, noch überhaupt in meiner Nähe sein?!

Blairs entsetzte Reaktion auf mein Verhalten bekam ich nicht mit, weil ich damit beschäftigt war, mich selbst ins Verderben zu stürzen. Hätte, könnte, würde ... ich wusste, ich konnte es nicht rückgängig machen, aber ich wünschte ich könnte es irgendwie ... Gott, warum nur, Blair sah das bestimmt genauso wie ich ..
Doch ich hörte, wie sie leise meinen Namen sagte, spürte kurz darauf ihre sanfte warme Hand auf meiner Schulter. Auch wenn meine Muskeln zum Zerreißen angespannt waren, entspannte ich mich beinahe sofort bei ihrer Berührung. Sie hatte immer diese Wirkung auf mich .. egal wie scheiße es mir ging, sie würde mich immer beruhigen können ... immer. Ich wandte ihr über meine Schulter den Kopf zu und sah sie mit meinen etwas trüben blauen Augen an, während sie sprach. Ich fühlte mich so schmutzig, wie ein Monster .. was, wenn ich sie fester gestoßen hätte? Ich erschauderte kurz, ehe ihre Worte bei mir ankamen. Ich war das Beste, was ihr je passieren konnte ... sie wollte nur mich und keinen anderen ... kurz schimmerten meine Augen vor Rührung und ich kaute leicht auf meiner Unterlippe, ehe ich mich vollständig zu ihr umdrehte, ihr Gesicht in beide Hände nahm und in ihre eisblauen Augen blickte. "Blair ... meinst du das ernst? Ich ... ich .. ich wollte das hier nicht, ich wusste auch nicht, warum ich dich auf einmal so fest gestoßen habe ... vielleicht ist irgendwie das Adrenalin mit mir durchgegangen .. ich weiß es einfach nicht. Aber du glaubst mir doch, dass ich das nicht wollte .. oder Blair?", flüsterte ich und strich mit dem Daumen sanft über ihren Wangenknochen. "Du bist mein Ein und Alles ... dich zu verletzen bedeutet, mich auch zu verletzen ... du glaubst nicht, wie dreckig ich mich gerade fühle ...", gestand ich mit leiser Stimme, blickte zur Seite und senkte den Blick, ließ meine Hände langsam von ihren Wangen fallen. ihre Worte gaben mit Hoffnung, Zuversicht. Aber dennoch fühlte ich mich wie der letzte Versager ... jemand, der niemals geeignet für seine Braut war.

Noch immer sah ich zur Seite, konnte Blair nicht anschauen, doch als ich ihre Hände an meinem Gesicht spürte - sanft und fordernd zugleich - und sie mich zwang, sie anzusehen, blickte ich tief in ihre eisblauen Augen und hörte ihr zu. Sie hatte Verständnis dafür ..? Und sie fand es nicht schlimm .. ? Gerührt von ihren Worten sah ich sie an und meine Augen schimmerten vor Glück. Sie war mir wieder so nahe, obwohl sie theoretisch auch vor mir zurückweichen könnte - doch sie tat es nicht. Ihr Name kam leise über meine Lippen, nachdem ich ihre Worte gehört habe. Es war alles gut ... und dann schlang sie ihre Arme um mich und vergrub ihren Kopf an meiner Brust. Ich schloss die Augen und wie von selbst legten sich meine Arm um ihren Körper - beinahe beschützend - und zog sie näher an mich ran. Gott, ich brauchte sie so sehr und ich hätte es mir beinahe nicht verziehen, dass ich kurz die Kontrolle über mich verloren habe ... aber ihre Worte beruhigten mich einfach ... meine Unsicherheit war wie weggeblasen. "Blair ... es tut mir wirklich leid ... aber ich bin so froh, dass du ... mir verzeihen kannst ..", flüsterte ich und seufzte leise. Ich spürt, wie uns die andere ansahen und tuschelten - niemand wusste ja noch über uns Bescheid - aber ich ignorierte sie alle. Nur noch Blair zählte ...
Ihre Worte waren wirklich wie Balsam für meine Seele und ich lächelte leicht. Es rührte mich wirklich, was sie sagte und als sie sich leicht von mir drückte, um mir in die Augen sehen zu können, lächelte ich sie sanft an und strich über ihre Wange. "Ich hatte .. einfach nur Angst ... ich will dir nie wehtun ... und ich habe einfach die Kontrolle verloren .. ich könnte mir wirklich nie verzeihen, wenn ich einmal dafür verantwortlich bin, dass du verletzt bist", hauchte ich, sah ihr tief in die Augen, die mich immer noch in einen magischen Bann zogen und legte dann meine Lippen auf ihre, legte alle Gefühle in diesen Kuss hinein, um ihr zu zeigen, wie dankbar ich war ... wie sehr ich sie liebte ... ich glaubte von irgendwoher einen lautes Johlen zu hören, als wir uns küssten, doch ich habe die Umwelt vollkommen ausgeblendet. Für mich existierten nur Blair und dieser Kuss.